Mehr über politische Blogs.

Für alle die in Dresden nicht dabei waren: Wir haben in Dresden die Blogging-community jogspace.net gestartet. Ziel ist es, zum einen repräsentative Seiten für JOG zu schaffen, aber auch, die vielen Aktiven von JOG zum Schreiben und Publizieren zu kriegen. Wir sehen jogspace.net als politische Blogging-community. Deswegen haben wir allen TeilnehmerInnen des Workshops in Dresden auch das tolle Buch “Wir sind der Iran — Aufstand gegen die Mullahs — die junge persische Weblog-Szene” von Nasrin Alevi mitgegeben. Allen anderen sei es auch nochmal als Lektüre wärmstens nahegelegt! Das tolle an dem Buch ist die Beschreibung der Autorin, angereichert durch viele viele Beispiele, wie Schreiben über das persönliche Leben sehr politisch sein kann. Wir dachten uns: wenn geduldete Jugendliche aus Deutschland anfangen, über ihr Leben zu schreiben, dann fällt das mindestens genauso politisch aus, schärft das Profil von JOG und vermittelt all den Leuten in Deutschland, die immer noch denken, dass ein Leben als AsylbewerberIn ein Leben in Luxus ist, mal endlich die Wahrheit.

Jetzt bin ich heute auf einen anderen politischen Weblog gestossen. In meiner Lieblingszeitung, der Jungle World, ist ein Interview mit einem ägyptischen Blogger mit dem Spitznamen “Sandmonkey”. Endlich haben die mal aufgehört, dumme Politiker zu interviewen, und widmen sich endlich wieder Themen, die die Jungle schon immer ausgezeichnet haben. Ich mag die Jungle nämlich für ihre undogmatische Sicht auf die Welt, inbesondere auf die Linke. Und just in dem Interview mit “Sandmonkey” findet sich eine Aussage, die ich wiedergeben will:

frage: Du hast im Mai vorgeschlagen, eine internationale politische Organisation zu gründen, die sich für den Schutz der Blogger und das Recht auf Redefreiheit einsetzt. Was ist daraus geworden?

Viele Leute haben mir ihre Unterstützung versprochen. Aber als es ernst wurde, haben sich die meisten nur als Schwätzer und Heuchler erwiesen. Am meisten haben sich Leute aus der amerikanischen Rechten für eine solche Organisation interessiert. Ich will aber nicht, dass die Organisation als rechts etikettiert wird. Ich habe gehofft, dass sich für das Recht auf Redefreiheit auch Linke einsetzen würden. Aber die Linke hat es abgelehnt, mit mir zusammenzuarbeiten, obwohl es nur um die Verteidigung eines Grundrechts geht.

frage: Warum?

Weil die Linke immer demselben Muster folgt. Sie schließen Bündnisse mit Leuten, die denselben Gegner haben, und die Linke hält die USA für ihren schlimmsten Feind. Und deshalb unterstützt sie lieber die Muslimbruderschaft als eine Organisation, der ein prozionistischer und pro­amerikanischer Sandmonkey angehört.

frage: Unterstützen Linke die Muslimbruderschaft, weil sie glauben, dass ein Bündnis mit ihnen zum Sturz der Mubarak-Regierung führen könnte?

Ja. Viele Linke setzen sich für die Anerkennung der Muslimbruderschaft als Teil der ägyptischen Nation ein. Natürlich wollen die Linken keine islamistische Regierung. Es ist eine Sache, sie in ihren Grundrechten zu unterstützen, es ist jedoch eine andere, ihnen zu erlauben, das Land zu regieren. Trotzdem gibt es vor allem Londoner Sozialisten, die es für richtig halten, gegen den amerikanischen Imperialismus die Muslimbrüder zu unterstützen. Und die nehmen diese Hilfe dankbar an und betrügen die Linken.

frage: Weil die Hoffnung vieler Reformisten auf eine moderate Muslimbruderschaft falsch ist?

Ja. Die Muslimbrüder sind keine Lösung. Sie sind weder für die Demokratie noch für gleiche Rechte. Anfang Oktober haben sie ihr politisches Programm veröffentlicht. Darin sagen sie explizit, dass das Amt eines Ministers oder des Präsidenten in Ägypten weder von einem Christen noch von einer Frau besetzt werden kann und dass ein islamischer Rat zur Überwachung der Regierung gebildet werden sollte. Das klingt nicht nach Demokratie, sondern eher wie die Army of Islam.

Die Hoffnung auf moderate Muslimbrüder kommt daher, dass es zwei Fraktionen gibt. Der moderate Teil präsentiert sich auf der Homepage www.ihwanweb.com. Er gibt der Muslimbruderschaft ein freundliches Image, auf das im Übrigen auch Teile des amerikanischen State Department hereinfallen. Einer von Ihwanweb ist Ibrahim al-Hudaiby. Er übersetzt alle Reden von Mohammed Mahdi Akef, dem obersten Führer der Muslimbrüder. Das, was Akef sagt, und das, was übersetzt wird, sind zwei völlig verschiedene Sachen. Alle wissen, dass die richtige Übersetzung die sofortige Einstellung jeglicher internationaler Unterstützung zur Folge hätte.

Er (oder sie? so klar ist das gar nicht) redet natürlich über die ägyptische Linke. Aber auch in der deutschen Linken finden sich so seltsame Anwandlungen. Könnt ihr zum Beispiel bei meinem Freund bikepunk089 nachlesen. Wie auch immer. Das ganze Interview gibt es online, und hier ist noch der Link zu Sandmonkey’s Blog. Viel Spass.